2017-05-11

[DE] Keylogger in Hewlett-Packard Audio-Treiber

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Sicherheitsanalysen von modernen Windows-Domain-Infrastrukturen sind – aus unserer Sicht – zuweilen recht ernüchternd. Daher schauen wir oft auch nach links und rechts, wenn wir beispielsweise die Härtung der Schutzmechanismen eines Clients begutachten. Hierbei finden wir oft allerlei Gefährliches und schlecht Durchdachtes. Einen dieser beiläufig gefundenen Fälle wollen wir jetzt aufzeigen, denn der hat es in sich: Wir haben einen Keylogger in einem Audio-Treiber-Paket von HP gefunden.

Ein Keylogger ist eine Software, für die selten der Anspruch des Dual-Use erhoben werden kann. Das bedeutet, es gibt nur sehr wenige Situationen, in denen man einen Keylogger der alle Tastatur-Anschläge aufzeichnet, als "gutartig" bezeichnen würde. Ein Keylogger zeichnet auf, wenn eine Taste gedrückt wurde, wenn sie losgelassen wird, und ob irgendwelche Umschalt- oder Sonder-Tasten betätigt wurden. Auch, wenn beispielsweise ein Passwort eingegeben wird und dieses nicht am Bildschirm dargestellt wird.

Was hat also ein Keylogger in einem Audio-Treiber verloren? Liefert HP vorinstallierte Spähsoftware aus? Ist HP selbst Opfer einer Software mit Hintertür, die Drittanbieter im Auftrag von HP entwickelt haben? Die Verantwortlichkeit ist in diesem Fall unklar, denn die Software wird zwar von HP auf deren Webseite als Treiberpaket für die eigenen Computer zum Download angeboten, andererseits wurde die Software vom Audio-Chip Hersteller Conexant programmiert und digital signiert.

Conexant ist ein aus einem US-amerikanischen Rüstungskonzern hervorgegangener Hersteller von integrierten Schaltungen. Primär werden Schaltungen im Bereich der Video- und Audio-Verarbeitung entwickelt. So ist es also nicht selten, dass Conexant Audio-ICs in den Soundkarten der Computer diverser Hersteller verbaut werden. Conexant entwickelt für seine Audio-Chips auch Treiber, damit das Betriebssystem in der Lage ist, mit der Hardware zu kommunizieren. Anscheinend gibt es aber für manche Teile zur Steuerung der Audio-Hardware auch sehr spezifische Teile, die von dem Computermodell abhängen - also beispielsweise spezielle Tasten für die Aktivierung oder Deaktivierung eines Mikrofons oder die Ansteuerung der Aufnahme-LED am Rechner. In genau diesem Code der scheinbar auf HP-Rechner zugeschnitten ist, findet sich nun ein Teil, der sämtliche Taststatur-Eingaben abfängt und weiterverarbeitet.

Eigentlich besteht der Sinn der Software darin zu erkennen, ob eine Sondertaste gedrückt wurde. Stattdessen hat jedoch der Entwickler einige Diagnose- und Debugging-Funktionen eingefügt, die dafür sorgen, dass sämtliche Tastatureingaben entweder über eine Debugging-Schnittstelle herausposaunt werden oder in eine Log-Datei in einem öffentlichen Verzeichnis geschrieben werden.

Diese Art des Debuggings macht aus dem Audio-Treiber effektiv einen Keylogger. Anhand der Meta-Informationen der Dateien existiert dieser Keylogger schon seit mindestens Weihnachten 2015 auf HP-Rechnern.

Verifying: MicTray64.exe
Signature Index: 0 (Primary Signature)
Hash of file (sha1): 3FE5F7704DF5989717A029BC3DA99527373797D2
 
Signing Certificate Chain:
[...]
            Issued to: Conexant Systems, Inc.
            Issued by: VeriSign Class 3 Code Signing 2010 CA
            Expires:   Mon Jul 03 01:59:59 2017
            SHA1 hash: 505507C3221B63E658D197E75EAEE0D3BC100F6C
 
The signature is timestamped: Thu Dec 24 10:07:19 2015
Timestamp Verified by:
    Issued to: Thawte Timestamping CA
    Issued by: Thawte Timestamping CA
    Expires:   Fri Jan 01 01:59:59 2021
    SHA1 hash: BE36A4562FB2EE05DBB3D32323ADF445084ED656
[...]

Die Version 1.0.0.31 dieses Programms wurde später um noch problematischere Funktionen erweitert: Die aktuellste Version 1.0.0.46 implementierte das Protokollieren aller Tastatur-Anschläge in die öffentliche, für jeden Benutzer lesbare Datei C:\Users\Public\MicTray.log. Zwar wird die Datei nach jedem Login überschrieben, dennoch dürften die Inhalte für laufende Prozesse oder Forensiker leicht zu überwachen sein. Wer regelmäßig inkrementelle Backups seiner Festplatte macht - egal ob in der Cloud oder auf einem externen Datenträger - dürfte ein Keylogger-Protokoll der letzten Jahre in seinen Backups finden können.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass dieser Keylogger mutwillig eingebaut wurde. Augenscheinlich handelt es sich um eine Nachlässigkeit der Entwickler – was die Software jedoch nicht weniger schädlich macht. Wenn der Entwickler auf das Logging verzichten würde und dies nur in der Entwicklungsumgebung täte, gäbe es keinerlei Probleme mit der Vertraulichkeit der Daten eines Benutzers.

Weder HP Inc. noch Conexant Systems Inc. hat auf Kontaktanfragen reagiert. Lediglich HP Enterprise (HPE) wies die Zuständigkeit von sich und bemühte sich über interne Kanäle um einen Ansprechpartner bei HP Inc.

Daher veröffentlichen wir diese Informationen nun gemäß unseres Responsible-Disclosure-Prozesses, auch wenn die Probleme von HP und Conexant weder bestätigt noch behoben wurden.

Alle Nutzer von HP-Computer sollten prüfen, ob das Programm C:\Windows\System32\MicTray64.exe oder C:\Windows\System32\MicTray.exe installiert ist. Wir empfehlen, diese zu löschen oder umzubenennen, damit keine Taststatur-Anschläge mehr aufgezeichnet werden. Allerdings dürften die Sonderfunktions-Tasten auf den Keyboards dann auch nicht mehr wie gewohnt funktionieren. Sollte eine Datei C:\Users\Public\MicTray.log existieren, so sollte auch diese umgehend gelöscht werden, da sie zahlreiche sensible Informationen wie Passwörter enthalten kann.

Die genauen technischen Details und Belege finden sich in unserem Security-Advisory https://www.modzero.ch/advisories/MZ-17-01-Conexant-Keylogger.txt.


Posted by Thorsten Schroeder | Permanent link | File under: security, re, advisory